In einem kleinen Team um Hans Kammerlander sind wir unterwegs zum dritthöchsten Berg der Erde, dem Kangchendzönga, kurz auch Kantsch genannt. Dieser liegt am nordöstlichsten Rand Nepals nahe an der Grenze zum indischen Bundesstaat Sikkim. Der Anmarsch führt uns über mehrere Tage durch eine der ursprünglichsten Gegenden Nepals. Auf rund 5200m am Rand des Yalung Gletschers errichten wir unser Basislager, hier spüren wir zum ersten Mal die gewaltige Dimension und die Wucht des Berges.
Nach einigen Tagen der Ruhe und Erholung beginnen wir mit den üblichen Akklimatisierungsphasen: aufsteigen, Hochlager einrichten, übernachten, absteigen ins Basislager, rasten. Nach gut zwei Wochen steht unser letztes Hochlager auf 7600m. Jetzt ist es entscheidend ein schönes Wetterfenster von mindestens zwei - drei Tagen zu finden. Hans und ich starten erneut, diesmal mit Gipfelambitionen. In unserem letzten Hochlager verbringen wir eine ungemütliche und kalte Nacht. Noch in der Dunkelheit und halb durchgefroren brechen wir auf. Das Gelände ist anspruchsvoll, eine Schneeflanke um die 50 Grad steil, dazwischen Felsen. In der Dunkelheit ist die Orientierung schwierig. Mit unseren Stirnlampen finden wir nicht den richtigen Weg zwischen den Felsen hindurch, der Weg nach oben ist eine Sackgasse. Wir gehen zurück zum Zelt und kriechen wieder in unsere Schlafsäcke.
Enttäuschung, die Gipfelchance ist vorbei, der ganze Aufwand, das Training zu Hause, alles umsonst. Doch die ersten Sonnenstrahlen wärmen auch das Gemüht wieder auf, es ist zwar schon später Vormittag, aber wir probieren es nochmals. Im Tageslicht finden wir schnell den richtigen Weg, langsam steigen wir die lange Schneeflanke höher, jeder für sich ohne Sicherungsseil. Das Gelände wird nach oben hin immer anspruchsvoller, verlangt volle Konzentration. Ich zähle die Schritte, fünf Schritte rasten, unter diesem Gedankenmuster steige ich höher. Alte Sauerstoffflaschen weisen uns den Weg Richtung Gipfel, dann endlich gibt es keinen höheren Punkt mehr, es ist kurz nach 14,30 h, der Gipfel des Kangchendzönga ist ein schmaler Schneegrat. Wir haben es geschafft, eine kurze Umarmung, ein Funkspruch ins Basislager, einige Gipfelfotos, dann steigen wir wieder ab. " Kangchendzönga" bedeutet, aus dem Tibetischen übersetzt: Die fünf Schatzkammern des großen Schnees.